Bedarf an mehrsprachigen Websites von Arztpraxen

Patienten, die der Landessprache nicht mächtig sind, sind in Arztpraxen keine Seltenheit mehr. Schon vor den großen Flüchtlingsströmen der letzten Jahre gab es verschiedene Konstellationen, die für die Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Leistungen durch ausländische Patienten ursächlich waren:

Immer mehr Menschen finden außerhalb ihrer Heimat eine Arbeit und gehören dem Krankenversicherungssystem ihres Gastlandes an.

Ein weiteres Phänomen, wenn auch für Arztpraxen weniger relevant als für Krankenhäuser, ist der Medizintourismus, von dem insbesondere große Praxen oder Versorgungszentren mit speziellem Angebot profitieren können. Länder wie Deutschland oder die Schweiz werden wegen ihres hohen medizinischen Standards und der Sicherheit geschätzt. Dabei ist nicht immer gleich an Scheichs oder Russen zu denken, grenznahe Praxen ziehen ebenfalls Patienten aus dem Nachbarland an, wenn sie ein besonderes Angebot haben.

Eine große Gruppe stellen je nach geografischer Lage die US-Militärangehörigen dar, die in bestimmten Fällen auch auf ambulante zivile Anbieter zurückgreifen, wie zum Beispiel hier in Wiesbaden.

Und schließlich besteht auch in mehrsprachigen Ländern wie der Schweiz, Luxemburg, Belgien ein Bedarf an mehrsprachigen Websites.

Was ist nun bei mehrsprachigen Websites zu berücksichtigen?

Rechtliche und standesrechtliche Aspekte

Inhaltliche Vorgaben für Websites von Arztpraxen machen in Deutschland die jeweiligen Berufsordnungen der Landes(zahn)ärztekammern in den einzelnen Bundesländern, das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Bundesärztekammer und die einzelnen Landesärztekammern haben unterschiedlich ausführliche Richtlinien dazu herausgegeben. Eine aktuelle Darstellung findet sich in den Empfehlungen der BÄK1).

In der Schweiz sind unter anderem die Standesordnung FMH und die Richtlinien der kantonalen Ärztegesellschaften zu berücksichtigen.

Für die Übersetzungen sollten grundsätzlich dieselben Anforderungen gelten. Dazu zählen insbesondere eine sachliche Darstellung der angebotenen Behandlungen bzw. Untersuchungen, keine berufswidrige Werbung, kein Verschweigen von zu erwartenden Nebenwirkungen, keine Anpreisung von wissenschaftlich umstrittenen Wirkungen.

Im Heilmittelwerbegesetz (HWG) sind EU-Richtlinien umgesetzt, insofern dürften die Vorschriften in der EU weitgehend einheitlich sein.

Nicht zulässig, weil irreführend, ist in Deutschland unter anderem die Werbung einer Praxis oder sonstigen ambulanten Einrichtung mit der Bezeichnung „Klinik“1). Im angelsächsischen Sprachraum bezeichnet „clinic“ dagegen eine ambulante Einrichtung2). Das Wortpaar clinic-Klinik ist also ein typischer Fall eines falschen Freundes3).

Verständlichkeit

Sofern es sich nicht gerade um spezielle Seiten für Kollegen, z. B. Überweiser, handelt, müssen die Informationen zu medizinischen Leistungen für Patienten verständlich dargestellt werden. Bei Übersetzungen aus dem Französischen und Englischen ins Deutsche ist zu beachten, dass im Deutschen die für den Patienten verständliche Gemeinsprache wesentlich stärker von der Fachsprache abweicht als im Englischen oder in den romanischen Sprachen, in denen lateinische Wurzeln in der Gemeinsprache stärker verankert sind.

Übersetzen, Anpassen an die Zielgruppe

Im Vorfeld der Planung einer mehrsprachigen Website oder der Übersetzung einer bestehenden einsprachigen Website sollte die oft übersehene Frage stehen, welche Teile überhaupt übersetzt werden sollen, welche angepasst, welche weggelassen und welche ergänzt werden sollen. Dies hängt unweigerlich von der Zielgruppe ab.

Eine Vertrauen schaffende Website einer Praxis mit sachlicher und ausführlicher Beschreibung der Leistungen wissen fremdsprachige Patienten in vielen Fällen zu schätzen und ist besonders in mehrsprachigen Ländern wie der Schweiz, Luxemburg, Belgien sinnvoll. Dort dürften die Sprachversionen der Website sich stark ähneln.

Bei bestimmten Zielgruppen wie Grenzgängern, Medizintouristen, US-Militärangehörigen können aber Aspekte interessant sein, die für heimische Patienten nicht relevant sind. Kennen diese Patienten die Abrechnungsmodalitäten? Wissen die Patienten, welche Sprachen in Ihrer Praxis gesprochen werden? Kann Ihr Praxisteam wichtige Informationen zu bestimmten Untersuchungen (Zeitbedarf, Erscheinen in nüchternem Zustand, ggf. Einschränkung der Arbeitsfähigkeit oder Fahrtauglichkeit nach einer Untersuchung) z. B. in englischer Sprache am Telefon erläutern? Wenn nicht, wären derartige Untersuchungshinweise vielleicht auf der Website angebracht. Werden Dolmetsch- oder Übersetzungsdienstleistungen benötigt, z. B. für die Übersetzung mitgebrachter Befunde oder die Übersetzung der Befunde Ihrer Praxis? Auf derartige Services könnte verlinkt werden.

Ein häufiges Angebot auf der Website von Arztpraxen sind Links zu Patientenseiten von Fachgesellschaften, Patienten- oder Selbsthilfeorganisationen. In welchen Sprachen sind diese Seiten geschrieben? Können ausländische Patienten diese überhaupt lesen? Macht ein Link auf eine Seite in einer Sprache, die der Patient nicht beherrscht, dann überhaupt Sinn? Gibt es Alternativen wie Links auf mehrsprachige Seiten oder Seiten im mutmaßlichen Zielland?

Ein Hinweis darauf, dass in Deutschland die so genannten IGeL-Leistungen nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, ist für in Deutschland ansässige ausländische Patienten genauso sinnvoll wie für deutsche gesetzlich Krankenversicherte, bei einer Zielgruppe von nahezu ausschließlich ausländischen Selbstzahlern jedoch überflüssig.

Und dann noch die Frage, wer Ihre englischsprachigen Patienten überwiegend sind? Macht es mehr Sinn ins britische oder ins amerikanische Englisch zu übersetzen?

Noch unschlüssig? Das Budget ist beschränkt, oder Sie kennen Ihre Zielgruppe noch nicht? Man kann auch erst mal mit einer Minimallösung anfangen, z. B. einem fremdsprachigen Online-Flyer zur Praxisorganisation.

Medical Language Services bietet Übersetzung und Beratung zu medizinischen Websites in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und durch Kooperationen mit zuverlässigen Kollegen auch in den Sprachen Arabisch, Russisch, Türkisch und Spanisch an.

Als zertifizierter Medical Writer liefere ich auch die Texte für Ihre Website.

Literatur

1) Bundesärztekammer (2017): Bekanntmachungen: Arzt – Werbung – Öffentlichkeit, Hinweise und Erläuterungen. http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Recht/Arzt-Werbung-Oeffentlichkeit.pdf

2) Clinic: https://en.wikipedia.org/wiki/Clinic (Zugriff 05.09.2017)

3) Zu falschen Freunden in der medizinischen Fachsprache siehe https://med-language.de/medizinische-fachsprache-falsche-freunde/